Montag, 11. August 2025

Auch der Blog macht Sommerpause

In Bayern haben die Sommerferien begonnen - eine Zeit, die wir auch in der Vergangenheit immer für etwas "Blogruhe" genutzt haben.
Hitze mit Feuchtigkeitsentzug trübt die Gedanken. Und der Ausgleich des Flüssigkeitshaushalts wirkt nicht immer klärend - vor allem wenn er mit dem bayerischen Fasten-Nationalgetränk erfolgt.

Die letzte Gerichtsverhandlung um das Abtreibungsverbot in einer nunmehr katholisch geführten Klinik hat aber so viele komplexe Themenbereiche angesprochen, dass wir unsere Pause etwas verschoben haben. Mit täglich rund 800 Zugriffen, die wir zwischen dem 6. August und dem 9. August verzeichnet haben, dürfte das auch im Interesse unserer Leser gelegen haben.
= Kann es wirklich sein, dass ein öffentliches Krankenhaus, das einen verfassungsrechtlich geschützten Staatsauftrag erfüllt und dafür öffentliche Zuschüsse erhält, "im Rahmen des ... Direktionsrechts" bestimmte, manchmal elementare Leistungen des Gesundheitsschutzes verweigert?
= Was zählt die Gewissensfreiheit von Mitarbeitenden, die ohne ihr Zutun plötzlich Loyalitätsvorgaben erfüllen sollen, welche der neue kirchliche Arbeitgeber "überstülpt"?
Das ist genug Stoff zum Nachdenken - und nichts eignet sich besser als eine kreative Pause und die Regeneration von Ferien oder Urlaub.

In diesem Sinne - all unseren Lesern eine erholsame Ferienzeit ...

Sonntag, 10. August 2025

Sonntagsnotizen: "Religionsfreiheit ist nicht verhandelbar"

erklärte der CDU-Politiker Lars Rohwer. Er ist neuer Vorsitzender des Stephanuskreises der Unionsfraktionen im Bundestag.

Quellen:
Domradio
Katholisch.de

Frage:
Gilt das nur für die kollektive Religionsfreiheit der Kirchen selbst oder auch für die individuelle Religionsfreiheit der Mitarbeitenden in kirchlichen Einrichtungen?

Freitag, 8. August 2025

Klage von Gericht abgewiesen

berichten unter anderem:
DOMRADIO: Arzt kündigt Berufung an
katholisch.de: Streit geht weiter - Prozess um Abtreibungen: Arzt verliert gegen christliches Klinikum
SPIEGEL: Chefarzt scheitert mit Klage gegen Abtreibungsverbot
Der klagende Gynäkologe erwägt nun, die nächste Instanz anzurufen.

Tagsschau: Gericht weist Klage gegen Abtreibungsverbot an Klinik ab
WDR: Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt: Gericht weist Klage ab
DIE ZEIT: Arzt scheitert mit Klage gegen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen
DIE ZEIT: Wenn Frauenrechte weniger zählen als religiöse Dogmen

Kann es wirklich sein, dass ein öffentliches Krankenhaus, das einen verfassungsrechtlich geschützten Staatsauftrag erfüllt und dafür öffentliche Zuschüsse erhält, bestimmte Leistungen des Gesundheitsschutzes per Dienstanweisung bis in die Privatpraxis des Arztes hinein verbietet?

Ein kleiner Nebensatz, bevor wir uns an das Urteil machen: mit etwa 2000 Demonstranten haben ungefähr doppelt soviele Personen den Demoaufruf von ver.di und der Organisatorin der Demo, Sarah Gonschorek (Grüne) befolgt, als angenommen worden war. Auch aus Bund und Land NRW waren Politikerinnen gekommen, darunter die Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann.Bei dem Demomarsch stoppte Volz vor dem Klinikum und hielt eine Tafel hoch, auf die er die Zahl 231.470 eintrug – die aktuelle Unterschriftenzahl der Petition, die der Mediziner zudem am 1. Juli unter dem Titel »Ich bin Arzt – meine Hilfe ist keine Sünde!« gestartet hatte. Das sei »überwältigend«.

Auch katholisch.de berichtet: Warum ein Chefarzt eine christliche Klinik verklagt

(Zitat)
Im westfälischen Lippstadt startet am Freitag ein Prozess des Chefarztes Joachim Volz gegen das dortige christliche Klinikum. Der Mediziner klagt gegen die Einschränkung von Abtreibungen durch seinen Arbeitgeber. Ein Urteil wird schon am ersten Verhandlungstag erwartet. Die Entscheidung betreffe eine reine Rechtsfrage, erklärte das zuständige Arbeitsgericht Hamm auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Kammer plane keine weiteren Termine.

Dem Prozess ist bundesweite Aufmerksamkeit sicher, nachdem Volz unter anderem eine Online-Petition gegen religiöse Vorschriften in Krankenhäusern gestartet hatte, die bislang knapp 230.000 Menschen unterzeichnet haben. Am Verhandlungstag ist zudem eine Solidaritätsdemo für Volz mit rund 1.000 Teilnehmern angekündigt.
...
neben den bereits bekannten Angaben (wir berichteten) weist katholisch.de auf weitere Bezugsfälle und die damit einhergehende bundesweite Relevanz hin:
...
Ähnliche Debatte in Flensburg

Volz nimmt den Prozess auch zum Anlass, um auf vergleichbare Fälle in anderen Kliniken hinzuweisen. Eine ähnliche Diskussion gibt es beispielsweise in Flensburg. Dort planen das katholische Malteser-Krankenhaus und das evangelische Diako-Krankenhaus eine Fusion. In dem neuen Flensburger Zentralklinikum, das 2030 eröffnen soll, sollen auf Wunsch der Malteser ebenfalls keine Abtreibungen mehr durchgeführt werden. "Unsere Aufgabe im Krankenhaus besteht darin, Leben zu retten und zu erhalten", schreibt die katholische Hilfsorganisation. "Wir sind nicht Partner, wenn es um eine Beendigung des Lebens geht." Kürzlich debattierte der schleswig-holsteinische Landtag über das Thema - ohne konkretes Ergebnis.

Die katholische Kirche lehnt Abtreibungen grundsätzlich ab. Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz ist es Aufgabe von Christen, sich für den Schutz jeden Lebens einzusetzen: "In ethischer Perspektive können wir die Abtreibung daher nicht gutheißen und sie auch nicht als eine Normalität menschlichen Lebens akzeptieren." Der aktuell geltende Paragraf 218 des Strafgesetzbuches sei ein wichtiger Kompromiss, der allerdings nicht gänzlich mit den Ansichten der Kirche vereinbar sei.


weitere Berichte: Lippstädter Zeitung: Live-Ticker: Demo in Lippstadt gegen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen
taz: Joachim Volz will sich Abbrüche nicht verbieten lassen
WDR: Streit um Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt: Verhandlung startet
ZDF heute: Lippstadt: Streit um Abtreibungsverbot

Mittwoch, 6. August 2025

Chefarzt klagt gegen christliches Klinikum Lippstadt: Rund 1.000 Menschen zu Demo bei Abtreibungsprozess erwartet

berichtet die sicher nicht "kirchenfeindliche" Seite katholisch.de
Lippstadt ‐ Recht auf Schwangerschaftsabbruch? In Lippstadt klagt ein Chefarzt gegen die Einschränkung von Abtreibungen durch seinen Arbeitgeber, das christliche Klinikum Lippstadt. Zum Prozessauftakt hat sich eine Demo angekündigt. Zu einer Demonstration wegen eines Abtreibungsprozesses vor dem Amtsgericht Lippstadt erwartet die Polizei etwa 1.000 Menschen. In dem Fall klagt der Mediziner Joachim Volz gegen die Einschränkung von Abtreibungen durch seinen Arbeitgeber, das christliche Klinikum Lippstadt. Zum Prozessauftakt am Freitag wollen sich vor dem Gericht die Unterstützer des Arztes versammeln, wie die Polizei am Dienstag bestätigte. Nach der Fusion des evangelischen Krankenhauses Lippstadt mit dem katholischen Dreifaltigkeits-Hospital war auf Wunsch der katholischen Seite durchgesetzt worden, auf Schwangerschaftsabbrüche weitgehend zu verzichten. Volz wirft dem katholischen Träger vor, per Dienstanweisung keine Schwangerschaftsabbrüche mehr zuzulassen, auch nicht aus medizinischen Gründen. Mit der Klage wehrt sich der Arzt auch gegen eine Ausweitung dieser Anweisung auf seine Nebentätigkeit in seiner privaten Praxis in Bielefeld. Der Fall wird in Lippstadt vom Arbeitsgericht Hamm verhandelt. ...
Das Deutsche Ärzteblatt nimmt sich unter der Überschrift
„Es darf nicht mehr möglich sein, dass ein solches Verbot ausgesprochen wird“
ebenso des Falles an, interviewt den Arzt und meint:
Berlin/Lippstadt – Nach einer Klinikfusion hat ein katholischer Träger dem Gynäkologen Joachim Volz das Durchführen von Schwangerschaftsabbrüchen verboten, ausgenommen Fälle von akuter Lebensgefahr für Mutter oder Kind. Das betrifft den ambulanten ebenso wie stationären Bereich und darüber hinaus eine Praxis, die Volz in Bielefeld betreibt.

Dagegen klagt der 67 Jahre alte langjährige Chefarzt. An diesem Freitag (8. August) wird dazu eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamm (in den Räumen des Amtsgerichts Lippstadt) in Nordrhein-Westfalen erwartet, wie die Gerichtsdirektorin auf Anfrage mitteilte.

Nach Gerichtsangaben ist in der Dienstanweisung des katholischen Trägers eine Ausnahme dann vorgesehen,„wenn Leib und Leben der Mutter bzw. des ungeborenen Kindes akut bedroht sind und es keine medizinisch mögliche Alternative gibt, mit der das Leben des ungeborenen Kindes gerettet werden könnte“.

...

Die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) stellte sich hinter Volz und erklärte: „Es ist unethisch und nicht akzeptabel, erst dann zu handeln, wenn das Leben der Mutter akut gefährdet ist.“ ÄKWL-Präsident Hans-Albert Gehle sprach von einer bedenklichen Entwicklung. Er befürchtet, dass Klinikfusionen auch in anderen Regionen ähnliche Auswirkungen haben könnten.

...
(es folgt ds Interview mit Dr. Volz; wir berichteten wegen des arbeitsrechtlichen Hintergrundes)

Montag, 4. August 2025

Chefarzt verklagt Kirche: "Mir wird vorgeschrieben, eine Frau zu quälen"

Es ist ein schwieriges Thema. Denn einerseits gibt es den Schutz des ungeborenen Lebens - und andererseits den Schutz der Mutter.
Ja, richtig - gerade die Babys sind das schwächste Glied der Gesellschaft, und damit die schützenswerteste Personengruppe überhaupt. Und ja - auch behinderte Kinder haben das Recht zu leben. Und es gibt die Probleme, die eine Risikoschwangerschaft oder auch eine ungewollte Schwangerschaft (etwa nach Inzest oder Vergewaltigung) für die Mütter und in der Folge auch für das werdende Kind haben, bis zu dessen Lebensende und möglicherweise für deren Kinder und Kindeskinder auch noch darüber hinaus. Ich möchte nie in die Situation kommen, zwischen diesen beiden Werten entscheiden zu müssen.

Ein Chefarzt verklagt nun seinen katholischen Arbeitgeber, nachdem dieser das einst evangelische Klinikum als Täger übernommen hat
Der Gynäkologe Joachim Volz war langjähriger Chefarzt beim Evangelischen Krankenhaus in Lippstadt, das seit der Fusion "Klinikum Lippstadt - Christliches Krankenhaus" heißt.
Seit ein katholischer Träger sein Krankenhaus übernommen hat, darf Joachim Volz, Chefarzt und Frauenarzt am Klinikum Lippstadt, keine Schwangerschaftsabbrüche mehr vornehmen. Der 67-Jährige zieht nun gegen seinen Arbeitgeber vor Gericht. Welche Folgen das Verbot für seine Patientinnen hat und warum er mit dem Fall an die Öffentlichkeit gegangen ist, sagt er im Interview mit ntv.de.
Näheres gibt es hier zu lesen (n-tv)

Es ist diese Abwägung, die von Seite der die Juristin Dr. Brosius-Gersdorf in einem juristischen Aufsatz analysiert wurde. Diese juristische Diskussion ist Aufgabe von Juristen. Brosius-Geiersdorf kommt zur folgenden Schlußfolgerung:
1. Die "unantatsbare Menschenwürde" (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz) umfasst nicht das Leben eines Fetus oder Embryos, wohl aber das der Mutter (das hat im Übrigen das Bundesverfassungsgericht schon vor rund 50 Jahren so entschieden). Aus diesem - nur aus diesem - Grund sind Schwangerchaftsabbrüche überhaupt erst möglich (vgl. auch § 1 BGB).
2. Daher spricht viel dafür, den Schutz von Embryos und Feten unter Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz zu subsummieren.

Das ist beileibe keine Plädoyer für einen Schwangerschaftsabbruch und erst recht kein "Innenpolitischer Skandal" - weshalb auch uninformierte Kritik aus Reihen der Bischöfe entsprechende Vorwürfe zurück genommen haben und massiv verbal abgerüstet wurde. An dieser Stelle - vollen Respekt vor den Akteuren, die auch einen Fehler einsehen und sich dann zurück nehmen können.

Wenn wir das Thema trotzdem aufgreifen, dann im Kontext mit den kirchlichen Loyalitätsverpflichtungen. Und auch uns geht es hier nicht um materielle Bewertungen, sondern um eine rein formalrechtliche Frage.

Mit welchem Recht verlangt ein (kirchlich-katholischer) Träger von seinen MitarbeiterInnen, die noch dazu einer anderen christlichen Religionsgemeinschaft angehören, die Einhaltung katholischer Moralvorschriften oder gar der "Grundordnung"? Wir dürfen doch davon ausgehen, dass diese nicht von Anfang an arbeitsvertraglich vereinbart waren. Wieso kann also der "Trägerwechsel" zu einer einseitigen Änderung der arbeitsvertraglichen Pflichten und Rechte führen?
Das kirchliche Recht zur Selbstordnung und Selbstverwaltung besteht nur in den Schranken des für alle geltenden Rechts. Und die kirchliche Befugnis, Rechtsnormen zu setzen, gilt nach den Konkordatsverträgen nur für die Mitglieder der eigenen - katholischen - Kirche.
Es ist aber für alle geltendes Recht, daß ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb einer bestimmten Frist straffrei ist. Und einem nichtkatholischen Mitarbeiter darf die katholische Kirche nach den von ihr selbst unterzeichneten Konkordatsverträgen gar keine Vorschriften machen. Das resultiert aus der Religionsfreiheit, die auch den nichtkatholischen Mitarbeitenden verfassungsrechtlich zugestanden ist. Sie darf ihn nicht zwingen, gegen sein Gewissen zu handeln. Und sollte jetzt jemand auf den Gedanken kommen, dann sei halt das Arbeitsverhältnis (unter Umständen sogar fristlos?) zu beenden - moment:
es gibt arbeitsvertraglich beziehungsweise gesetzlich vorgegebene Kündigungsfristen. Und auch deren Einhaltung ist "geltendes Recht" und damit zu fordern.

Wir werden aus diesem Grund den Streitfall sicherlich weiter verfolgen und bei Gelegenheit über die Entwicklung informieren.

Sonntag, 27. Juli 2025

Sonntagsnotizen - Und wieder fällt ein Krankenhaus ...

Diesmal Schwabach. Nicht, weil die Menschen dort nicht krank wären. Sondern weil niemand mehr Verantwortung übernimmt, wenn es nicht profitabel ist.

Die Diakoneo-Klinik ist insolvent. Der Träger hat einen zweistelligen Millionenbetrag investiert, vergeblich einen Käufer gesucht, und dann das Handtuch geworfen. Die Stadt Schwabach hat ihre Anteile für einen symbolischen Euro abgegeben. Und jetzt klammert man sich an ein Strukturgutachten – als könnte Papier retten, was politischer Wille längst aufgegeben hat.

Deutschland 2025: Krankenhäuser schließen nicht, weil sie schlecht sind. Sondern weil das System sie verrechnet.
Gesundheitsversorgung rechnet sich nicht mehr. Nicht in Schwabach. Nicht in der Fläche. Nicht für die Zukunft.
Ein Insolvenzverwalter übernimmt das Kommando – nicht, weil das Plan war, sondern weil es der letzte Rettungsanker ist. Drei Monate Zeit. Drei Monate Lohnfortzahlung. Drei Monate Hoffnung auf eine Reanimation im Systemstillstand.
Doch sind wir ehrlich: Wir leben in einem Land, das Krankenhäuser sterben lässt – und dann pfiffige Kampagnen zur Pflegeausbildung startet. Wir feiern Systemrelevanz – aber schneiden das System aus dem relevanten Haushalt.

Die Wahrheit ist nicht neu. Sie ist nur unbequem: Wir haben zu lange zugesehen. Zu lange verwaltet. Zu lange verklärt. Pflege? Wird romantisiert. Kliniken? Werden privatisiert. Verantwortung? Wird delegiert.

Und nun?
Ein Krankenhaus, das gebraucht wird.
Eine Region, die versorgt werden muss.
Ein Gesundheitssystem, das innerlich längst kollabiert – und nur noch notbeatmet wird.
Schwabach ist kein Einzelfall. Schwabach ist das Symptom.
Und wer jetzt noch von „positiven Signalen“ redet, sollte sich fragen, wie viel Naivität eigentlich in ein Positionspapier passt.
Die Frage ist nicht: Wie retten wir diese Klinik? Sondern: Wann retten wir endlich unsere Integrität?
Zitiert aus: Pflege der Zukunft, Facebook


Wir hatten unter der Überschrift "Sonntagsnotizen - Die Überflüssigen der Dienstgemeinschaft" bereits im April 2017 die "negativen Bilanzen des (dort genannten) Krankenhauses" angesprochen. Und wir erlauben uns nunmehr nach über 8 Jahren und einer Pandemie, die gezeigt hat, dass es keine Überkapazitäten sondern nur fehlende Reservekapazitäten gibt, zwei Anmerkungen:
1. Es stimmt: die Refinanzierung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf "Gesundheit" krankt - wir sparen unsere Krankenhäuser zu Tode. Das belegen auch die Krankenhausschließungen 2025 aktuell.
In diesem Jahr hat das "Krankenhaussterben" mit zwei kirchlichen Häusern begonnen. In Würzburg wurde die Theresienklinik geschlossen. Das Krankenhaus wurde mehr als 100 Jahre von der Kongregation der Schwestern des Erlösers betrieben. Diese haben sich aus aufgrund finanzieller Schwierigkeiten und den Auswirkungen der Krankenhausreform zur Schließung gezwungen gesehen.
Ebenfalls zum 1.1.2025 wurde die Klinik des Diakoniewerks München-Maxvorstadt geschlossen. Im Vorfeld hatte die Betreibergesellschaft, die Diakoniewerk München-Maxvorstadt KöR, Insolvenz angemeldet.

2. Das Sterben der Krankenhäuser in kirchlichem Besitz belegt zugleich, dass diese Häuser nicht "gemeinnützig" oder "uneigennützig" und "caritativ" sondern nach brutalen wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrieben werden (müssen). Mit Blick auf das Sonntagsevangelium vom "barmherzigen Samariter" (Lk 10, 25-37) bleibt festzustellen: solche Einrichtungen handeln eben nicht mehr barmherzig und selbstlos. Da hilft auch das verschämte "g" für "gemeinnützig" bei "gGmbH" nichts. Das ist wohl letzlich nur "Etikettenschwindel". Denn jede dieser - nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten betriebenen - Einrichtungen braucht Gewinne, um Rücklagen zu bilden und investieren zu können. Damit wird aber eine solche Einrichtung "mit Absicht der Gewinnerzielung" betrieben - und sie ist zumindest "am Markt tätig", was nach Prof. Thüsing *) ausreicht, um als Wirtschaftsbetrieb gewertet zu werden.
Dann aber handelt es sich um Betriebe, die von der Befreiung caritativer Einrichtungen vom Betriebsverfassungsgesetz oder (bei öffentlich-rechtlich konstituierten Trägern) den Personalvertretungsgesetzen der Länder nicht befreit sind. Dann verlangt der Gesetzgeber die Bildung von Betriebs- oder Personalräten, weil nur so die Rechte der Mitarbeitenden in Wirtschaftsbetrieben auch umfassend geschützt werden können.



*) Hanau / Thüsing, »Grenzen und Möglichkeiten des Outsourcings aus dem kirchlichen Dienst« in KuR 2002, RNr. 350, S. 119 ff; ausführlicher und mit weiteren Nachweisen in unserem Beitrag vom 14. März 2016, Anmerkung 2)

Montag, 21. Juli 2025

Kirchliches Selbstordnungsrecht vs. Grundrechte?

In einer Gruppe "Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte" ist soeben dieses Posting versandt worden.
Von Seiten der Kirchen wird das Selbstverwaltungsrecht aus Art. 140 GG oft als "Supergrundrecht" genutzt – auf Kosten anderer Freiheiten:

❌ Kündigung nach Kirchenaustritt
https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/mein-arbeitsplatz/kirchliche-betriebe/++co++37e33a9a-62e3-11f0-8a87-c569f8999ec9

❌ Verbot medizinischer Schwangerschaftsabbrüche
https://taz.de/Petition-fuer-Schwangerschaftsabbrueche/!6098321/

❌ Diffamierung liberaler Richterkandidatinnen
https://nd.digital/editions/nd.DerTag/2025-07-19/articles/18917439?code=eyJhbGciOiJkaXIiLCJlbmMiOiJBMjU2Q0JDLUhTNTEyIn0..soEv0WzubWsT9UgGnfnn4Q.9U-gZ_ttu2yf8ofpmnAIcYLlHjo1AAd4mPUvi-wz8a8.n4KQRi3XiSOlqPg3xciH5qtfIWVqEH3AbnAGjxMhOWo

Ob Arbeitnehmer:innen, Schwangere oder Verfassungsrichterinnen – immer wieder stellt sich die Frage:
Wie viel Macht darf die Kirche im Staat haben?
Ihr wollt Prof. Volz unterstützen
https://innn.it/keinmord
Das gibt uns Anlass, uns wieder einmal dem von der Kirche beanspruchten "Selbstbestimmungsrecht" zu widmen. Besteht das denn wirklich so, wie von den Kirchen in Anspruch genommen? Volljuristen haben die "Unart", für ihre jeweiligen Mandanten zu argumentieren. Sonst wäre eine Strafverteidigung schlecht möglich. Andererseits sollte die Aera der "Rechtfertigungsjuristen" seit den dunklen Jahren des letzten Jahrhunderts vorbei sein.

Freitag, 18. Juli 2025

Fusion braucht Sicherheit - am Beispiel Darmstadt

Es wird immer mehr zum Normalfall - kirchliche und weltliche Träger fusionieren oder geben ihre Einrichtungen auf, damit diese "von der anderne Coleur" überommen und weiter geführt werden können.

Ein aktueller Fall spielt derzeit in Damrstadt.
Beim geplanten Zusammenschluss des (evangelischen) Elisabethenstifts und des Städtischen Klinikums in Darmstadt pocht ver.di darauf, dass alle Beschäftigten durch den TVöD und das Betriebsverfassungsgesetz abgesichert sind.
Quelle und mehr: ver.di

Freitag, 11. Juli 2025

§ - Kündigung wegen Kirchenaustritts: was meint der EuGH?

Wir haben uns schon öfter mit dem Thema beschäftigt. Wieder einmal muss sich der EuGH mit einer Besonderheit aus dem kirchlichen Nebenarbeitsrecht befassen. Einem Bericht der AFP zufolge dürfte diese Kündigung - wieder einmal - problematisch sein:
Wenn eine katholische Organisation einer Angestellten wegen ihres Kirchenaustritts kündigt, kann das nach einem neuen Gutachten am Europäischen Gerichtshof (EuGH) Diskriminierung sein. Diese Auffassung vertrat die zuständige Generalanwältin Laila Medina in ihren am Donnerstag in Luxemburg vorgelegten Schlussanträgen zu einem Fall aus Deutschland. Es ging um eine Sozialpädagogin, die in einem katholischen Verein für Schwangerschaftsberatung arbeitete. (Az. C-258/24)
...

Generalanwältin Medina vertrat nun die Ansicht, dass sich die Kündigung in einem solchen Fall nicht rechtfertigen lasse. Eine Kündigung wegen Kirchenaustritts sei nur dann möglich, wenn der Beruf es erfordere, Kirchenmitglied zu sein, und wenn die Arbeitnehmerin öffentlich gegen das Ethos der Kirche handle.Ein Kirchenaustritt allein bedeute noch nicht, dass die Mitarbeiterin die Grundprinzipien und Werte der Kirche nicht weiter befolge und ihre Pflichten nicht mehr erfülle, erklärte die Generalanwältin.
Die europäischen Richterinnen und Richter müssen sich nicht an das juristische Gutachten halten. Sie orientieren sich aber bei ihren Urteilen oft daran. Ein Termin für das Urteil wurde noch nicht bekanntgegeben. Den konkreten Fall muss später das deutsche BAG entscheiden und dabei die Rechtsauffassung des EuGH berücksichtigen.
Etwas ausführlicher wird die Sachlage in der Pressemitteilung Nº 91/2025 des EuGH vom 10. Juli 2025 über den Schlußanträge des Generalanwaltes in der Rechtsache C-258/24 Katholische Schwangerschaftsberatung wieder gegeben:

Samstag, 5. Juli 2025

Samstagsnotizen: Darüber kann man nachdenken:

Es ist ein bemerkenswerter Vortrag, den Bischof Dr. Overbeck am Montag beim Tag der Mitarbeitendenvertretungen gehalten hat: Sehr entschieden stellt der Ruhrbischof klar, dass rechtsextremistische Haltungen und Aktivitäten mit dem Dienst in der Kirche nicht vereinbar sind. Und zwar deshalb, weil hier "tragende Grundsätze" des Christentums in Frage gestellt sind - allen voran das christliche Menschenbild, das jedem Menschen eine unantastbare Würde zuspricht und eng mit dem Gebot der Nächstenliebe und der gesamten christlichen Soziallehre vebunden ist. "Rechtsextreme Ideologie ist eine Form von Illoyalität gegenüber der Kirche selbst, weil sie ihren Grundprinzipien widerspricht", sagt Bischof Overbeck - und macht in seinem Vortrag auf die große Gefahr der gegenwärtigen rechtsextremen Bewegungen für unsere Demokratie und unser freiheitliches Zusammenleben aufmerksam.
zitiert nach Generalvikar Klaus Pfeffer, Bistum Essen, bei Facebook

Mehr: Katholische Kirche Bistum Essen - Bischof Overbeck: Rechtsextremismus widerspricht christlichem Menschenbild

Es gehe vor allem darum, in den kirchlichen Organisationen und Einrichtungen eine Debatte darüber anzuregen, „um ein Bewusstsein für die Bedeutung unserer Werte zu stärken und auf die Gefahren extremistischer Parteien hinzuweisen“.
Bei möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen gebe es keinen Automatismus, hob der Bischof hervor, sondern immer den Blick auf den Einzelfall: „Wir schauen hin, wir sprechen an, und wenn nötig ziehen wir Konsequenzen – abgestuft nach der Schwere des Falls und der Stellung der Person.“, so der Bischof.
Über die historische Beziehung zwischen dem rechtsextremen Gedankengut und kirchlichen Eigenarten haben wir ja schon mehrfach berichtet - und die Debatte darüber längst angestoßen. Ob auch diesbezüglich Konsequenzen folgen? Oder werden wieder nur halbherzig die Konsequenzen gezogen, die von den Mitarbeitenden zu beachten sind - bis hin zu neuartigen Loyalitätsvorgaben?

Freitag, 4. Juli 2025

Kircheninfo Nr. 45 erschienen

Aus dem Inhalt:
🤓 Wieso Tarifverträge in kirchlichen Betrieben in Norddeutschland keine Seltenheit sind,
wie Ihr die anstehenden MAV-Wahlen richtig vorbereitet oder
wie Ihr den im Weimarer Appell unterstützen könnt!

Interessiert?
📲 Dann holt Euch die neue Ausgabe der Kirchen.Info hier: https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/.../++co...